Im Mai 1933 brannten in verschiedenen deutschen Universitätsstädten auf großen Plätzen die Bücher von Autoren, deren Inhalt den Nationalsozialisten missliebig war. Zeitkritische Schriftsteller kamen in der Folge ebenso wie Autoren jüdischer Herkunft auf die „Schwarze Liste der Literatur gegen den undeutschen Geist“. Rund 300 Namen enthält diese Auflistung verfemter Literatur, darunter auch 1933 bereits verstorbene Autoren. Die Bücherverbrennung wirkte nachhaltig weiter, die Wiederentdeckung der von den Nazis 1933 verbotenen Dichter blieb nach 1945 aus, so das Fazit von Jürgen Serke in seinem Buch „Die verbrannten Dichter“.
Die Initiative „Herz statt Hetze“ im Neckar-Odenwald-Kreis veranstaltet im Gedenken an die Bücherverbrennung vor 85 Jahren eine Lesung „gegen das Vergessen“ in der Galerie Fürwahr in Walldürn am Samstag, den 19. Mai um 19.30 Uhr. Mit der Theaterpädagogin und Interpretin Ann-Kathrin Schneider und dem Schauspieler David N. Koch haben die Veranstalter zwei ausgebildete Sprecher gewinnen können, die Beispiele aus der verfolgten Literatur präsentieren.
In Zusammenarbeit mit dem BücherLaden Walldürn wählte man die Lesebeispiele der gebrandmarkten Literatur aus. Im Hinblick auf Regionalität wurde Leonhardt Frank aus Würzburg als verbotener Autor ausgewählt. Sein bekanntestes Buch und gleichzeitig seine Biografie lauten „Links, wo das Herz ist“. Am Leseabend ist ein Ausschnitt aus „Die Jünger Jesu“ zu hören. Der Roman um eine Kinder/Jugendbande, die im Nachkriegs-Würzburg den Verarmten und Hungrigen Stadtbewohnern in „Robin-Hood-Manier“ zu Hilfe kommt.
Mit Briefen und Gedichten von Else-Lasker Schüler und Mascha Kaleko findet das Vorleseprogramm eine biografische und lyrische Komponente.
Bertold Brechts Geschichten vom „Herrn Keuner“ gehören zu den weniger bekannten Arbeiten des deutschen Dramatikers, der wie sein um 15 Jahre älterer Schriftstellerkollege Jaroslav Hasek ebenfalls zu den verfemten Dichtern des Dritten Reiches gehörte. Vom Autoren des „Braven Soldaten Schwejk“ liest David Koch eine Kurzgeschichte zur bayerischen Gerichtsbarkeit, die mit ihrem Humor dem weltbekannten „Schwejk“ in nichts nachsteht.
Vicki Baum, die erfolgreiche Unterhaltungsschriftstellerin, welche von den Nazis als Autorin von Schundliteratur gebrandmarkt wurde aus offensichtlicher jüdischer Abstammung veröffentlichte mit „Hotel Berlin“ eine Fortsetzung des bekannten Romans „Menschen im Hotel“. Aus diesem, in Amerika verfassten und in englisch geschriebenen Roman wird Ann-Kathrin Schneider eine Passage lesen. Das spannende Buch war lange Zeit auf dem deutschen Buchmarkt nicht erhältlich. Anfang Mai 2018 hat es der unabhängige Wagenbach-Verlag in deutscher Sprache wieder aufgelegt.
Die Initiative „Herz statt Hetze“ empfiehlt Interessierten, Karten im Vorverkauf im BücherLaden zu erwerben. Reservierungen sind ebenso möglich unter 06282/95509 oder per Mail info@mein-buecherladen.de