„Ist die AfD eine ganz normale Partei“, Vortrag und Diskussion mit Anna Hunger

Ist die AfD eine ganz normale Partei?

Zu dieser Fragestellung wurde die Redakteurin Anna Hunger von der Online-Wochenzeitung KONTEXT (externer Link), welche auch der taz beigelegt wird, im Restaurant Lamm in Mosbach eingeladen. Sie hat Kulturwissenschaft und Kunstgeschichte studiert und war freie Autorin für die Agentur Zeitspiegel. Heute ist sie eine feste Redakteurin bei KONTEXT.

Ergänzt wurden diese Ausführungen von Arno Huth von Mosbach gegen Rechts mit seinen Recherchen zu Dr. Christina Baum, der Landtagsabgeordneten der AfD im Wahlkreis Odenwald/Tauber. Es folgte noch ein kurzer Bericht von der Initiative HERZ statt HETZE Neckar-Odenwald-Kreis zur AfD im Kreis. Abschließend wurde eine Diskussionsrunde eröffnet, bei der zirka 50 Besucher anwesend waren.

Auf Anna Hunger wurde Arno Huth in der Wochenzeitung Kontext aufmerksam, als er einen von ihr veröffentlichen Bericht zu einem Mitarbeiter von Christina Baum entdeckte. Mit diesem Thema wollte Mosbach gegen Rechts die Öffentlichkeit aufmerksam machen und lud zu einem Vortrag ein. Unterstützt wurde die Veranstaltung von HERZ statt HETZE Neckar-Odenwald-Kreis. Aus derzeit rechtlich noch offenen Fragen stellte Anna Hunger mehr die AfD im Land und auch im Bund, sowie die rechtsradikalen Bezüge in den Fokus.

Anna Hunger berichtet über mehrere Eklats der AfD im Landtag. Unter anderem ging sie detailliert auf die „Affäre Gedeon“ und die Spaltung der AfD ein. Wolfgang Gedeon, welcher die „Protokolle der Weisen von Zion“ (externer Link), einer Weltverschwörung der Juden, als Fälschung ausschließt, stand in der Kritik von Jörg Meuthen, welcher den Ausschluss aus der Fraktion forderte. Da Meuthen hierfür nicht die nötige Mehrheit fand, spaltete sich die Landtags-AfD in die Alternative für Deutschland und die ABW, die Alternative für Baden-Württemberg. Da zwei Fraktionen einen Untersuchungsausschuss beantragen können, stellten ABW und AfD gemeinsam einen Antrag für einen Untersuchungsausschuss zum Thema „Linksextremismus in Baden-Württemberg“. Dies wurde als Missbrauch der Fraktionsspaltung von allen anderen Fraktionen gesehen. Ebenso problematisch waren auch Gelder, die durch die Spaltung doppelt vergeben wurden und wieder zurückgezahlt werden mussten. Kurz darauf verließ Gedeon freiwillig die Fraktion, und beide Gruppierungen vereinigten sich wieder. Wolfgang Gedeon blieb aber dennoch in der Partei und arbeitet als Fraktionsloser zusammen mit der AfD.

Ein besonderes Augenmerk lenkte Anna Hunger darauf, dass die AfD im Landtag in vielen Untersuchungsausschüssen vertreten ist. Christina Baum ist unter anderem im Petitionsausschuss und im NSU-Untersuchungsschuss. Dies ist besonders bedenklich, da Christina Baum als Erstunterzeichnerin der Erfurter Resolution (externer Link) auch dafür sorgte, dass die AfD deutlich nach rechts gewandert ist.

Immer wieder ist die AfD mit neuen Eklats in der Presse. Teilweise auch nur Einzelpersonen, wie z. B. Christina Baum, welche zuletzt auf Facebook ein Bild von einem 50 €-Schein postete, den eine junge Frau aus einem Geldschein-Automaten erhalten haben soll und der den handschriftlichen Kommentar: „All deutsh scheise – deutsh Frau Fiken dan ToT mahen“ trug. Ein Sprecher des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg sagte, grundsätzlich würden Scheine aufwändig geprüft, bevor sie in einem Geldautomaten landeten. Ein Kriterium sei, ob Graffiti – Schriftzüge oder Zeichen – aufgemalt wurden. Der infrage kommende Schein wäre nach seinen Worten normalerweise aussortiert worden (Stuttgarter Zeitung, externer Link).

Anna Hunger ging noch auf die Verbindungen der AfD, wie zum Beispiel zur Identitären Bewegung, den Burschenschaften, dem fremdenfeindlichen Kampagnenprojekt „Ein Prozent für unser Land“ (externer Link), zum Magazin Compact (externer Link) und dessen Chefredakteur Jürgen Elsässer, zum „Institut für Staatspolitik“ (externer Link) und dem Gründer Götz Kubitschek ein, welcher ein neurechter Vordenker ist. Kritisch sah sie auch manche Pfadfindervereinigungen, in denen doch ein gewisser „Drill“ zu vernehmen sei.

Arno Huth ergänzte den Bericht mit dem Fokus auf Christina Baum, welche u.a. von einem Genozid der deutschen Bevölkerung und von der Islamisierung Deutschlands spricht.

Anschließend wurde noch von der Arbeit der AfD im Kreis berichtet, welche sich bei ihren offenen Stammtischen das ein oder andere mal auch menschenfeindlich und rassistisch äußert. Dies wurde vom Kreisvorsitzenden Uwe Wanke indirekt in einem Statement gegenüber dem SWR AKTUELL zugegeben (SWR, externer Link). Auch die lokale Vorgehensweise der Verbreitung von Hetze in Verbindung mit Falschmeldungen sei mit der bundesweiten vergleichbar.

In der Abschließenden Diskussionsrunde wurde festgestellt, dass das Erstarken der AfD viele Ursachen hat. Hier haben die Besucher vielfältige Ansätze, um dagegen vorzugehen. Zum einen müsse man wieder soziale Politik gestalten und zum anderen müsse auch die Gesellschaft stärker und vor allem zusammen sich dagegen stellen. Interessant waren auch die Fragen, welche Empfehlungen Anna Hunger habe, um den „Rechten“ den Wind aus den Segeln zu nehmen und ob sie Fehler oder Verbesserungen in der Berichterstattung bemerkt hat. Die Presse solle laut der Referentin nicht immer über „jedes Stöckchen springen, dass die AfD einem hinhält“, aber dennoch möchten Zeitungen auch gerne mit Schlagzeilen ihre Blätter verkaufen. Hier könne die Presse hauptsächlich auch durch Recherche und Aufklärung besser werden.

Am Ende empfahl sie noch sich Bündnissen anzuschließen, wie zum Beispiel Mosbach gegen Rechts oder HERZ statt HETZE Neckar-Odenwald-Kreis bzw. weitere kreative Aktionen zu unterstützen.